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UMWELTSTATION IFFENS
RÜSTRINGER HEIMATBUND
BUND e.V. WESERMARSCH
UND FRIESENRAT

„Der Mythos vom nassen Tod“

AUSSTELLUNG in der Umweltstation Iffens vom 2. Mai 1996 bis 12. Dezember 1996
Die Entwicklung der Wattenküste und der friesischen Kultur wird aus der Sicht der Ökologie beschrieben.

Es folgt erst ein Einleitungstext
Dann die Übersicht der Exponate
Danach einige Fotos
und zuletzt ein Bericht in den Jahresblättern der Oldenburgischen Landschaft


Wie es zu dieser Ausstellung gekommen ist.

In die Küstenökologie bin ich (Wolfgang Meiners) hineingeboren. Auf dem Hof in Iffens wuchs ich mit Wind und Wetter auf und mein Vater (Hans Meiners, damaliger Vorsitzender des Rüstringer Heimatbundes) erzählte mir viel über Land und Leute.
Seit 1978 lebe ich wieder auf dem Hof und erzähle selbst in vielen Kursen über die Entwicklung der Küstenlandschaft und der friesischen Kultur. Seit 1985 habe ich dabei konsequent den Blickwinkel des wissenschaftlichen Ökologen angewendet und bin zu einigen überraschenden Unterschieden zur gängigen Geschichtsschreibung gekommen. Was oft als Naturkatastrophe dargestellt wird, entpuppt sich als normale menschliche Fehlplanung. 1990 habe ich mit der Hilfe von Claus Peter Lieckfeld begonnen die Vorträge über den „Mythos vom nassen Tod“ zu einem Buch umzuarbeiten.
In diesem Jahr haben wir die Geschichte unserer Nordseeküste mit vielen Objekten in einer Ausstellung erklärt. Weil dies eine friesische Geschichte ist, haben wir die Beispiele möglichst so gestaltet, daß die Aussagen für den gesamten friesischen Siedlungsbereich gelten, also auch für West - und Nordfriesland.

Mitgeholfen haben:
Bärbel Supper,
Svenja Droste ,
Siggi Götz ,
und viele FreundInnen und Gäste

Die Sichtweise des Ökologen

Vieles in dieser Ausstellung mag neu und ungewöhnlich erscheinen. Und es ist doch dieselbe Geschichte der Siedler, schon oft beschrieben wurde. Neu ist eben die Anwendung der Erfahrungen und Gesetze der Ökologie. Auch der Mensch ist diesen Regeln unterworfen und deswegen ist die Besiedlung unserer Nordseeküsten nicht zufällig oder beliebig erfolgt.
Unser Ansatz in der „Ökosystemforschung“ ist zunächst die Analyse und Beschreibung der Entwicklung ohne Einfluß des Menschen. Dabei haben wir zeitliche und räumliche Verhältnisse so idealisiert, wie es in der Wissenschaft üblich ist. Eine kompakte und einfach Systematik der Küstenmorphologie ist das Ergebnis. In der zweiten Stufe untersuchen wir, wie sich Menschen an der Küste angesiedelt haben. Wie zu erwarten hat sich dabei eine charakteristische friesische Kultur entwickelt, die Vorteile im Ökosystem nutzt und Nachteile für den Menschen ausgleicht.
Das „Leben mit der Natur“ zeigt sich heute noch in vielen Spuren in der Landschaft und in kulturellen Besonderheiten.

In der dritten Stufe können wir zeigen, daß intensive Eingriffe der Siedler in das Ökosystem erhebliche Folgen haben. Seewassereinbruch in die Salztorfgebiete und viele Opfer durch eine unsichere Eindeichung sind die wohl bekanntesten Katastrophen. Aber auch andere schmerzliche Probleme traten auf.
Große Risiken werden in der Regel nur dann eingegangen, wenn auch großer Gewinn lockt. So ist es auch an der Küste. In der reichen Küstenmarsch entwickelte sich in dieser Zeit zusätzlich eine „importierte“ Kultur. Der Schwarztee und die Orgeln sind für Ostfriesland die bekanntesten Beispiele.

Ökosystemforschung soll nützlich sein, und deshalb haben wir einige Entwicklungen in der heutigen Zeit dargestellt. Die Geschichte gibt uns viele Beispiele für gelungene und für mißratene Aktivitäten der Menschen. Wir können lernen, wann Eingriffe vom Ökosystem ausgeglichen werden und wann wir kleine und grosse Katastrophen produzieren.

Ökosystemforschung soll und kann nicht die etablierten Forschungsgebiete ersetzen, sie kann mit ihnen kooperieren und sie ergänzen.
Deswegen konnten wir in unserer Ausstellung auf die meisten heimatkundlichen und archeologischen Darstellung verzichten. Wir haben uns auf den Grundgedanken der Ökologie beschränkt und dabei andere Schwerpunkte gefunden und diese vorrangig dargestellt. Sicherlich sind einige Ergebnisse für die klassischen Forschungsdisziplinen anregend und weiterführend.

Die Ausstellung ist stets mit einer Führung zu besuchen, Objekte und Modelle sind anschaulich und lange Texte erübrigen sich.


Auf 120 m2 wurden in der Umweltstation Iffens vier Abteilungen dargestellt:

Geologische Küstenentwicklung

1. Eiszeitliche Küste
Zeitachse, Küstenmorphologie, Nordseerand nach der Eiszeit.

2. Sedimentation
Trennung von Sand und Ton
Abfolge: Geest-Moor-Marsch-Watt-Insel-See

3. Grodenentstehung
Aufschlicken durch Überflutung
Schichtenbildung, Dimensionen

4. Sand und Düne
Wind weht Dünen auf

5. Ton  in Struktur und Verwendung
glitschige Schichten, Polyederrisse, hell/dunkel Färbung
Nährstoffspeicher, Farbgebung durch Eisenverbindungen


6. Tide
Ebbe und Flut -Scheibe, Tidezeiger, Monatsmuster

7. Was ist ein Ökosystem?
Funktion,  Was tut ein Umweltverband

8. Wetter /Algen / Ökosystemfaktoren
Klimadaten,  Agar-Agar,

9. Salz und salzverträgliche Pflanzen
Zonierung, Salzmanagement, Salz für den Menschen

10.  Literatur und Übersicht zum Ökosystem Wattenmeer
Beschreibungen, Gefährdungen, Schutzmassnahmen
Infomaterial, Examensarbeiten

Menschliche Siedler im Einklang mit der Natur

11.  Warum an der Küste siedeln?
Abwägung der Vor- und Nachteile

12.  Wurten, Halligen / Hausbau
Soden, Fundamente, Ständer, Materialien, Alkoven

13.  Scherbensammlung von  Hans Georg Meiners (1959)
Kartierung und Sortierung

14.  Schafhaltung
Wollverarbeitung, Felle, Webgut

15.  Gerste
Gerstenfeld in Wanne (Ringdeich), Bier, Graupen

16.  Originalhölzer des Inte -Sieles von 1350
Eichenbalken und Reste der Buchenholzröhre

17.  Wegebau und Handel
Thixotropie, Hanse, Seefahrkultur
Gummistiefeldatierungstafel

18. Torf, Eingriffe in die Küstenrandmoore
Trinkwasser, Brenntorf, Salztorf

19. Quellen der Küstenforschung,
Berichte, Beispiele aus Butjadingen
Christianisierung

Kampf gegen die Natur

20.  Winterdeiche
Deichhöhe, Wellenenergie, Deichbrüche

21.  Knickmarsch
Ionenverlagerung, Wischland

22.  Malaria
Schilf, Zuwässerung, Wasserwirtschaft

23.  Reichtum
Orgeln, Tee, Pferde, Öfen, Grabplatten

24.  Steinhäuser und  Burgen
Christiansburg

Heutige Probleme

25.   Friesische Kultur
26.  Tourismus
27.  Landbau
28.  Nationalpark
29.  Technische Bauten im Deichvorland
30.  Industrie
31.  Infrastruktur

32. Das Buch über den Mythos vom nassen Tod
33. Projekt:  „Biotop Jadebusenküste“
34. Rungholt
35. Kommentar und Fragentafel
36. Der Friesenrat
37. Die Umweltstation Iffens
38. Der Rüstringer Heimatbund
39. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
40. Das Gästebuch

 


Für die geologische Küstenentwicklung ist das Tonmineral bedeutend .
Die Chemie und Physik erklärt vieles in der Bodennutzung und Kulturentwicklung.
Hier ist die Schrumpfung beim Trocknen zu erkennen. Die Polyederrisse sind Bodentypisch.
Tonböden sind Schichmineralien. Die Silikatschichten lassen sich wie Spielkarten verschieben. Das ergibt eine schmieriges Matschgefühl, wie wir es von Seife her kennen.

Ökologie ist auch graphisch zu erklären
Es muss nicht immer ernsthaft sein, Hier ist die Herstellung von Salzstangen vorgeführt

Die eifrigsten Helfer der Archäologie sind Maulwürfe. Sie schieben mit der Erde ihrer Maulwurfshaufen Scherben aus den Wurten nach oben. Mein Bruder Hans Georg hat davon sehr viele und sehr systematisch abgesammelt und archiviert. Die Behälter der wissenschaftlichen Sammlung zeigen nebenbei einen Querschnitt des Konsums der 50iger und 60iger Jahre

Reste eines alten Sieltores, welches Mönche von Kloster INTE gebaut haben, wurden 1982 gefunden. Einige Hölzer konnten wir konservieren.

Gerste ist ein dankbares Theme und die Lebensbedingungen der Küstenregion zu erklären. Die harten Probleme des Ökosystems führen oft zu einfachen Lösungen durch die Siedler. So gab und gibt es hier viel Bier und Graupengerichte.

Hier ein Ausschnitt aus dem Gummistiefelmuseum

Primärproduzenten und Nahrungskette im Watt

Schilf ist beliebter Baustoff aber auch für die Malariaepidemien an der Küste verantwortlich

Mit einem Modell ist gut zu erklären, warum die ersten seedeiche an der Küste bei Sturmfluten gebrochen sind. Sie waren schlichtweg falsch kalkuliert.

bei diesem Exponat wird die Spülung der Grabengewässer mit Weserwasser erklärt.


Kurzbericht für das Jahrbuch 1996 der Oldenburgischen Landschaft

Vom 2.5. bis 12.12. 96 wurde in der Umweltstation Iffens die Ausstellung über die Küstenentwicklung gezeigt. Ökologie ist inzwischen ein interessantes Hilfsmittel geworden, um die natürliche Entstehung der Nordseeküste zu erklären. Die Ausstellung macht dies mit einfachen Beispielen auf 120 m2 deutlich.
Für den Bereich der friesischen Besiedlung ist das Instrumentarium der Ökologie aber auch brauchbar, um die Kulturentwicklung zu verstehen. Die friesische Kultur ist also nicht zufällig so geworden, sondern durch die regionaltypischen Bedingungen in unverwechselbarer Form entstanden.
Ein besonderer Aspekt ist das Wechselspiel von Reichtum durch die Landnutzung und Neulandgewinnung mit dem Risiko der Deichbrüche und Überschwemmungen. Bis in die Gegenward hinein hat der Reichtum an der Küste die Grundlage für unsere Baudenkmäler und Kunstobjekte, die wir heute noch pflegen (Steinhäuser, Orgeln, Teekultur, usw) gelegt.
Die kulturellen Neuerungen haben die bestehenden kulturellen Bräuche lange Zeit nur wenig verändert.

Erst in jüngster Zeit hat sich ein deutlicher Wandel vollzogen. Dabei wird in der Ausstellung an vielen Beispielen verdeutlicht, wie an der Küste eine neue „befremdliche“ Kultur entsteht. Zum Schluß der Ausstellung wird gezeigt, wie die Heimat- und Umwelt-Verbände versuchen, ein Verständnis und ein Gefühl für die regionaltypische Kultur zu vermitteln.
Der Besuch der Ausstellung war fast immer mit einer Führung verbunden. Nicht nur der vermittelte Inhalt fand viel Anklang, sondern auch die einfachen und verblüffenden Objekte.
Ein Teil der Ausstellung, bei dem es um phantasievolle Geschichten zum Pflanzen- und Tier- Leben an den Deichen ging, wurde von der Umweltstiftung Hamburg gefördert.

Mit freundlichen Grüssen Dr. Wolfgang Meiners


Weitere Texte über die FRIESISCHE REGION :
Unser Text in den Museumsblättern der Oldenburgischen Landschaft.
Lustiger und lehrreicher Fragenkatalog zur Ausstellung über den "Mythos vom nassen Tod".


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