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    BETRIFFT NATURSCHUTZ

    Der Begriff Naturschutz wird von unterschiedlichen Personen sehr verschieden verstanden. Das betrifft auch naturschutzkundige Personen innerhalb der Naturschutzvereine und -verbände.
    Für die Kurse zum Ökoführerschein sind hier einige Gedanken und Möglichkeiten aufgezählt, die zu diskutieren sind.. Die Reihenfolge hat kein System oder Wertung.

    NATURSCHUTZ KLASSISCH

    Die Neugier der europäischen Gesellschaft hat nach Goethe eine generelle und umfassende Naturforschung entwickelt, die auch den andersartigen Menschen einbezogen hat.
    Museen und Bücher sind entstanden: Humboldt, Senkenberg, Brehm. Zoologische Gärten, Botanische Gärten, Völkerkunde und Kolonialismus nutzen, genießen und präsentieren die Vielfalt der göttlichen Schöpfung.
    Diese gilt es möglichst vollständig zu entdecken, zu beschreiben und zu erklären. Der Naturschutz dieser Zeit hatte das Ziel, diese Besonderheiten zu bewahren ; also eine Ergänzung zur Ausbeutung der Natur im Sinne der Kolonialisierung zu setzen. Die Idee der ersten Naturschutzverbände, Naturforschenden Gesellschaften, der Zeitschrift Kosmos und der ersten Naturschutzgebiete hat im klassischen Naturschutz seine Wurzeln.
    Vorstellungen von Ökologie und Kreisläufen gibt es zwar bei einzelnen Forschern, doch herrscht die Betrachtung des Einzelphänomens vor.

    URWALD

    Im Neuenburger Urwald im Ammerland ist die Vegetation seit 250 (?) Jahren - so sagt man - sich selbst überlassen worden. Menschen sind als Besucher auf dem Wanderweg gestattet. Ein Teil des trocken gepumpten Flevoland-polders in Nederland ist mit einer Artenpalette als Starthilfe besetzt worden und wird sich selbst überlassen.
    Die Urwaldvariante des Naturschutzes schließt menschliche Aktivitäten und Regulative aus.
    In Europa ist diese Variante des Naturschutzes heute wohl nicht mehr möglich. Über die Luft oder über absichtliche Eingriffe in Artenhaushalte verändern wir die Urwälder, es gibt bei uns keine ungestörte Natur mehr. Interessant wird es, wenn wir die seltene Vegetation im bleibelasteten Industriegebiet dadurch erhalten wollen, dass wir sie sich selbst überlassen.

    VERWALTUNGSNATURSCHUTZ

    Wenn sich eine fachkundige Autorität von staatswegen um die Natur kümmert, kann das wiohl auch positiv sein. Aber die Staatsverwaltung hat oft eigene Systeme, die keinesfalls nach dem Vorbild der Ökosysteme gestaltet sind.
    Der Zugriff des Staates erfordert, dass die Natur verwaltbar gemacht wird. Hoheiten, Grenzen und Definitionen werden erfunden, Ämter entstehen. Die Spielregeln der Verwaltung erfordern Hierarchien, Öffnungszeiten, Verträge, Konventionalstrafen, Kontrollen, Gesetze, Verordnungen, Ausnahmen, Anträge, Beschlüsse, Widersprüche etc. Die Natur selbst ist dabei irgendwie nützlich, auf jeden Fall nicht immer hinderlich.
    Messgröße für den Verwaltungsgrad kann die Geldverteilung sein. So dient ein Baum für 10,- € der Verwaltung , um 250,- € Verwaltungsaktivität zu rechtfertigen. In der Presse und in der öffentlichen Diskussion ist diese Art des Naturschutzes sehr vorherrschend und beliebt geworden.
    Naturschutzverbände können leicht in diese Methode hineingeraten.

    EINGRIFFSMANAGEMENT

    Im Naturschutz sind hier Eingriffe des Menschen gemeint, also keine Vulkanausbrüche oder Blitzeinschläge. Weiterhin ist oft ein begrenzter Naturbereich gemeint, den0 der Mensch aus irgendeinem Interesse (Landbau, Strassen, Krieg, Freizeit, Planungsfehler etc.) bereits verändert hat. Dadurch gibt es spürbare Auswirkungen auf andere Interessen der Menschen oder sogar auf die Gesundheit der Menschen selbst.. Verhalten und Ansprüche der Menschen sind sehr veränderlich, Bildung, Presse und Interessengruppen ziehen hier alle Register der Information und Beeinflussung.
    Eingriffe in den Naturhaushalt haben immer eine Geschichte, einen Auslöser, oft kollidierende oder konkurrierende Interessen und eine Wirkung.
    Es gelingt in dieser gesellschaftlichen Situation heute viele seltsame Dinge als Naturschutz zu benennen:
    Landwirtschaft, Fischzucht, Gartenschau, Beweidungen, Kahlschlag, Erhaltung von Einzelarten und Einzelrassen, Trockenlegung und Vernässung etc. wird heute oft als Naturschutz bezeichnet.
    Sicherlich beschäftigen wir uns bei jeder dieser Aktivitäten mit der Natur, und dem Naturinteresse (was auch immer das ist) kann ein hoher Wert zugemessen werden.
    Stellenwert im öffentlichen Management Wesentlich für das Naturmanagement ist aber die Abwägung bzw. die Verhandlung (Monitoring) von Interessen. Neben allen anderen Interessenvertretungen handeln hier auch die Naturschutzverbände mit.
    Nun wäre das nicht so schlimm, wenn die Natur-Verbände als Experten in Naturfragen anerkannt wären und sich die anderen Interessen (Straßenbau, Wasserbau, Energiewirtschaft etc) nach den Bewertungen der Naturexperten richten würden. Bei diesem Thema fühlt sich jedoch jede Interessenvertretung als fachkundig in Naturfragen. Schliesslich ist jeder Naturliebhaber, Jäger, Joggt im Wald oder hat schon mal die Wespen leben lassen. Hobbynaturschutz ist sehr verbreitet und kann sich um so stärker behaupten, je diffuser und unstrukturierter Umweltverbände organisiert sind. So wird der sachkundige Naturschutz schnell überstimmt oder totgeredet. Dies ist ein Spiel mit gezinkten Karten. (Vortrag mit diesem Titel)
    Naturschutzverbände gegeneinander
    Naturschutzverbände können sich nun untereinander abgrenzen. So sind sie schwerpunktmäßig für Tierschutz, Vögel, Kulturgärten, Wildlife, alte Rassen oder Obstsorten etc zuständig. Natürlich gibt es Überschneidungen und Konflikte in Bewertungen von Einzelfällen.
    In vielen Fällen gibt es kooperative Absprachen und gute Zusammenarbeit, aber auch Neid und Missgunst sind nicht vermeidbar. Manchmal gibt es hier auch die taktische Lüge oder Mauschelei und andere Menschlichkeiten.

    Zuständigkeit für Fachthemen
    Ist ein einzelner Verband für den Umweltschutz generell zuständig, so kann er die Sachthemen formulieren, in denen er Position bezieht. In unserem Ausbildungskonzept sind dies die Themen:(1980)
    Die Einzelauflistung unter www.umweltstation-iffens.de
    1. ethische Orientierung
    2. technischer Umweltschutz
    3. Soziale Fragen
    4. Infrastruktur
    5. Natur und Landschaft.
    6. Ressourcen.
    7. anderes

    Eine Einzelmaßnahme hat nun immer eine Wirkung in viele dieser Bereiche hinein. So kann der Naturschutz mit anderen Bereichen des Umweltschutzes konkurrieren oder kollidieren. Eine Abwägung erfordert die (interne) Offenlegung der Interessen und Sachverhalte, manchmal auch durch eine (oder mehrere) wissenschaftliche Begutachtung (Beirat)
    Naturschutz ist auch verbandsintern aushandelbar, wobei oft eine schlechte Lösung eines Problems annehmbar sein kann, weil andere Varianten noch viel schlimmer sind. Einzelfälle erfordern so eine stetige Bewertung, Begutachtung und ggf. Korrekturen im internen Management. Je größer eine Verband wird, desto mehr kann er aber in einen Verwaltungsstil hineingeraten.
    Ein Problem ergibt sich für die Mitglieder der Verbände, die oft Idealvorstellungen und Wünsche haben, die sich weder innerhalb der Verbände noch außerhalb in der Gesellschaft umsetzen lassen. Diesen Mitgliedern müssen Kompromisse deutlich und verständlich gemacht werden.
    Kritiker von Verbänden freuen sich natürlich über interne Missklänge in anderen Verbänden.
    Auswege und Spielregeln
    Eine Chance für das Naturschutzmanagement besteht darin, die unterschiedlichen Interessen offenzulegen, und daraus Handlungsrahmen zu entwickeln.
    Die Entscheidungsfindung erfordert die Diskussion von Fakten und Meinungen. Alternativen sind bei der Lösung von Einzelfällen nötig und Entscheidungen müssen dauerhaft überprüft werden. Das erfordert genügend aktive Personen und häufigen kooperativen Meinungsaustausch. Gleiche Grundkenntnisse (Ökoführerschein) in allen Bereichen des Verbandszuständigkeit sind dazu notwendig.
    (vgl. auch Chancen und Möglichkeiten der privaten Umweltverbände, www.umweltstation-iffens.de)

    MONOTHEISTISCHER NATURSCHUTZ

    Einzelne Naturschutzverbände haben in ihrer Startphase oft eine starke wichtige Person, die alle Fäden, Ziele und Aktivitäten in der Hand hat. Daraus kann sich unter Umständen diese monotheistische Variante entwickeln, in der die Einzelperson sehr bestimmend den Verein und die übrige Welt auch beherrscht.
    Gute persönliche Kontakte zu Politik und Geldquellen sind oft eine Garantie für gute Ergebnisse der Arbeit dieser Einzelkämpfer mit Fußvolk Wenn der Chef sehr gute Personalführung beherrscht und rechtzeitig seine Nachfolge regelt, kann diese Variante oft sehr viele Erfolg haben.

    Diese individuelle Variante ist sehr Vielseitig und hat seltener Probleme mit Fachfragen, öfter aber mit organisatorischer Hierarchie und mit Kooperation nach außen.

    IDEALNATURSCHUTZ

    Diesen Naturschutz gibt es nicht, er ist eben nicht real. Dabei ist er denkbar in der Wunschvorstellung, und Phantasie ist oft sehr nützlich, um den Mut nicht zu verlieren.

    Einige Probleme verhindern einen Idealen Naturschutz:
    1. Die Spielregeln der (parlamentarischen) Gesellschaft sind anders.
    2. Die Stubenfliege will auch leben
    3. Zivilisation bedeutet Eingriff in Naturhaushalt
    4. Ehrenamtliche träumen zuviel.
    5. Angestellte haben Feierabend
    6. Die Vernetzung in ökologischen Systemen übersteigt meistens unser Denkvermögen. (falls wir nicht Simultanschachspieler sind)
    7. Menschen sind auch nur Menschen
    8. und so weiter.

    ANDERE MÖGLICHKEITEN

    Dann gibt es auch noch die Sichtweise der Wölfe, Otter oder Bisamratten, die sicherlich auch eine Meinung zur Natur haben.
    Bei einer Tagung in Bad Boll haben wir einen (verkleideten) Bären befragt, der aus den transsilvanischen Wäldern angereist war.
    In einem Rollenspiel bei den Ökoführerscheinkursen machen wir ein Interview mit Zugvögeln. Das sind Sichtweisen, die uns bei den Diskussionen gut helfen können.

    Wolfgang Meiners 1997
    Anregungen und Ergänzungen sind erwünscht !!!!


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